HÜTER DEINES VOLKES - SCHLAF UND RUHE NICHT
SEI DU DER GÄRTNER DER SEELE DEINES VOLKES MAYA-Q’EQCHI‘ SEINER FELDER UND HÜGEL SEINER GRÜNEN REGENWÄLDER
Die ersten grossen Prinzipien der Kosmovision der Maya-Q'eqchi' sind Integration und Harmonie. Alles Existierende findet seinen Platz in einer integrierten Einheit in Harmonie. Alles hat seinen Platz, seinen Grund und seine Funkion im Kosmos. Jeder Gegenstand und jedes Lebewesen hat seine Existenzberechtigung. Aber die Dinge und Menschen sind nicht getrennt, sondern "jedes für sich gemeinsam". Alles ist gut, aber in Einheit. Wesentich ist immer nach Harmonie zu streben. Es existieren viele Ausdrücke und Bräuche die von dieser Einheit Zeugnis ablegen: jun xikik (ein einziges gehen: alle zusammen); chire jun chi sek (hinter einer Tasse: alle zusammen), chire jun chi xam (hinter einem Feuer: alle zusamme), xeel (Brauch nach einem Fest etwas vom Essen nach hause zu bringen für die, die nicht teilnehmen konnten etc.) Die Einheit der Überzeugungen und Herzen (junajil) ist für das Verständnis des Zusammenlebens und bei religiösen Feiern und Ritualen für die Q'eqchi' sehr wichtig. Dies kommt auch in der Form der Entscheidungsfindungsprozesse im kollektiv zum Ausdruck. Im Allgemeinen werden Situationen und Probleme so lange diskutiert, bis ein Konsens gefunden worden ist und alle sich mit der getroffenen Entscheidung abfinden können. Dieses Vorgehen unterscheidet sich sehr von der westlichen Form der Demokratie. In der Demokratie wird die Meinung der Mehrheit immer über die Interessen von Minderheiten oder Individuen gestellt.



Es ist eindeutig, dass die wichtigsten Bräuche der Q'eqchi' vorkoloniale Wurzeln haben und weit hinter die Ankunft der Spanier zurückgehen. Andere Elemente haben ihren Urspung im Brauchtum der katholischen Kirche. Die "Chinam" sind in ihrer Dorfkirche für die materiellen Belange der Glaubensgemeinschaft verantwortlich. Doch diese Funktion hat ihre Wurzeln aus der Zeit der spanischen Kolonialherrschaft. Damals blieb den Häuptlingen der verschiedenen Stämme und Dörfer nichts anderes übrig als die ihnen von den Kolonialherren aufgezwungenen Funktionen zu übernehmen. Mit der Aufwertung der Ältesten in der Gemeinschaft in unseren Tagen kann eine richtige Auferstehung der Art und Weise, wie die Mayas Autorität ausüben, beobachtet werden. Sie sind die authentischen Hüter der Tradition ohne das ihre Organiationsform sich in irgendeiner Weise an die aufgezwungenen Modelle der Kolonialherrschaft der Spanier anlehnen würde. Die Fähigkeit von aussen kommende Elemente mit dem Brauchtum und den traditionellen Riten zu mischen und zu verschmelzen ist sehr typisch für die Q'eqchi'-Kultur. In Santa Maria Cahabon sind die Wortgottesfeiern mit den ursprünglichen traditionellen rituellen Elementen eine wahrhaftige Symbiose eingegangen. Auf dieselbe Weise kann festgestellt werden, dass für die Kultur neue Situationen und Gegenstände zum Beispiel im Bereich der Technologie spontan in die Traditionen integriert werden. Und somit wird auch die Kultur an die neuen Bedingungen angepasst. Auf diese Weise kommt es zu einer Mischung zwischen traditionellen und modernen Elementen. Als Beispiel können wir eine Trockungsanlage für Kardamom oder ein Fahrzeug anführen: Beide werden mit dem Ritus des "Watesink" versehen: Mutter Erde wird rituell zu essen gegeben, um mit ihr und ihren Statthaltern in Kommunikation zu treten und gleichsam um Erlaubnis zu bitten für das geplante Vorhaben. Es darf davon ausgegangen werden, dass Kraft und Dynamik der Kultur gerade in dieser Fähigkeit liegen die Tradition an die neuen Einflüsse anzupassen und sie zu integrieren.
Land hat für die Q’eqchi’ in erster Linie einen sakralen Charakter. Land ist Vater und Mutter, Ernährer/Ernährerin. Zur Zeit der Gottkönige wurde den verstorbenen Herrschern vor deren in Stelen gehauenen Standbildern auf runden Steinblöcken Kopal Pom verbrannt. Im Jenseits hatten sie die Aufgabe, darüber zu wachen, dass die Oberwelt nicht in die Unterwelt hinunterbrach und die Sonne weiterhin ihre Kreise zog.Sie waren Lebensspender: Ernährer/Ernährerin. Nachdem sich die Bauern und Bäuerinnen von ihren Herrschern und Ausbeutern befreien konnten, erhielt das Land sakralen Charaktern. Inbegriff des Landes wurde der Berg (Q’awa Tzuultaq’a). Vor der Saat gehen die Q’eqchi’ auf die Berge und verbrennen Pom. Jeglicher Eingriff in die Erde (Säen, Hausbau, Brückenbau etc.) wird als notweniges Vergehen an der Sakralität des Bodens betrachtet. Diese Sakralität fordert unbedingten Respekt und entsprechende rituelle Handlungen, um mit den schützenden Geister des Q’awa Tzuultaq’a zu kommunizieren.Der beinahe besessene Wunsch vom eigenen Land kann als ein zum Zeitpunkt der Unterdrückung und Enteignung utopischer Traum bezeichnet werden – genauso utopisch wie der Traum von Freiheit zur Zeit der Gottkönige.

Beginn des 5. Zeitalters oder Aufgang der 5. Sonne
Das Geschichtsverständnis der Mayas ist zyklisch. Der Poop Hu berichtet, dass die Welt vor unserem Zeitalter bereits drei Mal gegründet und wieder zerstört wurde. Zuerst erschufen die Götter Menschen, die den Tieren ähnlich waren, doch diese Menschen konnten nicht sprechen und danken, und so wurden sie wieder verworfen. Diese Epoche würde der archaischen Zeit entsprechen: die Menschen entdeckten das Feuer, jagten und sammelten. Beim zweiten Versuch sollten die Menschen aus Lehm erschaffen werden. Es wurden die ersten Schritte in Richtung Sesshaftigkeit und Landwirtschaft getan, das Hauptnahrungsmittel dürfte Maniok gewesen sein. Beim dritten Versuch sollte der Mensch aus Holz geschaffen werden. Bohnen und Kürbise dürften in den Speisezettel aufgenommen worden sein. Im vierten Versuch schliesslich entstand der Mensch aus Mais. Der Mais wurde zum Herz und Motor der aufstrebenden Mayakultur. Der Hunger war bezwungen, denn der Mais kann über sechs Monate aufbewahrt werden; um ihn anzubauen sind allerdings nur 40 Tage nötig. Die Mayas hatten einen Zeit- und Kraftüberschuss und erreichten eine ausserordentliche Blütezeit in Architektonik, Kunst und Wissenschaften. Der Zyklus kam zu seinem Höhepunkt in der klassischen Periode und begann dann seinen Niedergang, wie es sich eben für einen Zyklus gehört. Jeder Zyklus dauert 13 Baktun, dass entspricht 5125 Jahren. Der Maiszyklus begann gemäss unserer Zeitrechnung genau am 13. August 3114 und wird am 21. Dezember 2012 auslaufen. Die Mayas hegten die Vorstellung, dass der letzte Baktun, also etwa 400 Jahre in Dunkelheit vorbeigehen werde, und dann ein neues Licht aufscheinen solle.

Die Symbolik verhilft uns zu einigen durchaus originellen Überlegungen:
Staunen
Könnte bedeuten, dass mit dem Beginn des 5. Zyklus die Mayakultur in ihrer Würde und Stärke, in ihren Werten und Ausdrucksformen politisch, sozial und kulturel wieder erstarken wird. Im Dezember 2012 werden in Guatemala Wahlen stattfinden. Hoffnungen werde laut, dass nach dem Beispiel Boliviens auch hier zum ersten Mal ein Indio gewählt werden könnte, der für die Werte, Traditionen und Produktionsweise der Mayabevölkerung einstehen wird. Nach 500 Jahren der systematischen Unterdrückung und Verachtung indianischer Identität wäre es staunenswert, wenn ein neuer frischer Wind für die Mehrheit der Bevölkerung Guatemalas aufziehen würde.
Loslassen:
Sind die Tage der Maismenschen gezählt? Werden die Böden so weit versteppen, dass es sich nicht mehr lohnt Mais, anzubauen? Wird der Mais aus den USA aufgrund von Subventionen und genetischen Manipulationen so billig sein, dass es nicht mehr rentabel sein wird Mais anzubauen? Dies bedeutet, dass die Bauern nicht konkurrenzfähig sein werden. Es wird schwierig sein, dass eine Partei die Subventionen abschaffen wird, da sie damit massiv an Popularität verlieren würde. Dass sich damit der Staat langsam den Ast absägt, auf dem er sitzt, und trotz der Tatsache seiner Expansionspolitik, die auch vor Kriegen nicht haltmacht, einmal seine Schulden nicht mehr bezahlen und einen Kolaps erleiden kann, könnte aufgrund der Kurzsichtigkeit zu spät wahrgenommen werden. Wirtschaftsexperten sprechen davon, dass jede Region im Agrarbereich Produkte anbauen muss, die ihr einen sicheren Vorteil verheissen. In unserem Fall würde dies bedeuten an Produkte zu denken, die aus klimatischen Gründen im Norden nur schlecht produziert werden können. Unter diesem Umständen könnte es sein, dass es nicht mehr länger Sinn macht, in Urwaldböden Mais anzubauen. Und dies könnte mit sich bringen, dass der Mais, um den sich bisher Kultur und Spiritualität gedreht haben, losgelassen würde. Dazu müssen aber die Grundlagen und Bedingungen für einen gerechten Austausch geschaffen werden. Utopisch wäre der Gedanke eines Austausches der Reichtümer der Früchte der Erde in den verschiedenen Regionen unter solidarischen und energiepolitisch verantwortbaren Bendingungen. Utopische Globalisierung wäre eine vernünftige gegenseitige Bereicherung und Austausch von Rohstoffen und Nahrungsmittel zwischen den Hemisphären dieser Welt. Die Mayas könnten ihre Wälder wieder wachsen lassen und in ihrem Schatten Gewürze, Früchte, Heilmittel produzieren, die sie mit dem Rest der Welt teilen können.
Widerstehen:
Oder das Widerstehen wird weitergehen, da die dominierenden Mächte zu stark sind. Lang ist die Liste wirtschaftlicher, ideologischer und politischer Faktoren, die die Söhne und Töchter der Mutter Erde dazu bewegen zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückzukehren:
- Die mangelnde Motivation der Bauern arbeitsintensive, innovative und nachhaltige Wege zu gehen in Methoden des tropischen Landbaues;
- der Mangel an Interesse und Initiative der Regierung, Kleinbauern zu fördern mit ihnen Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen Grundnahrungsmittel nachhaltig anzubauen;
- der Mangel an ideologischen und technischen Initiativen zur Schaffung lokaler Agrarkooperativen und Produktions- und Transformationsstätten von Landwirtschaftsprodukten;
- der Verdacht, dass gar ein Interesse bestehen könnte, tropische Landwirtschaft als unattraktiv und unwirtschaftlich erscheinen zu lassen, um Massen an billigen Arbeitskräften zu gewinnen, die zu Niedrigstlöhnen die Industriearbeitsplätze einnehmen sollen, die durch die Öffnung der Grenzen ins Land geholt werden sollen;
- die Landflucht der indianischen Jugend, die allein schon beim Gedanken wieder ein Buschmesser in die Hände zu nehmen, nach abgeschlossenen Studium an Schamgefühlen leidet;
- ein Erziehungssystem, dass indianische Identität und ländliche Existent als rückständig betrachtet.